16. März 2010

Durch Exportwachstum aus der Krise (und andere Kindermärchen)

Stellen wir uns doch lieber die Frage:
Wie zukunftsträchtig/"nachhaltig" ist dieses Modell?
Machen wir uns nix vor, eine "deutsche" Exportindustrie gibt es nicht, was wir haben, sind global agierende Unternehmen, die zufällig in D gegründet wurden und die z.Zt. noch ihren Verwaltungssitz + Forschung&Entwicklung auf deutschem Boden haben. Wo die Produktion (von was auch immer) dann stattfindet, richtet sich nach völlig anderen Kriterien als so nette Sachen wie "Arbeitsplätze in D schaffen / erhalten". Auf gut deutsch: denen geht D am A.... vorbei...

Real-Investitionen in Deutschland? In was denn bitte ? Autoproduktion ist bei einer weltweiten Produktionskapazität von 90 Mio pro Jahr und einem Absatz von ca . 55 Mio pro Jahr vielleicht keine so ganz gute Idee, sorry liebe Opelaner.
Zukunftsindustrien wie Solarzellen und Produktion von Windkraftanlagen. Wenn ich Solarzellen aus chinesicher Produktion für die Hälfte deutscher Produkte bekomme (ok - diese entsprechen vielleicht nicht 100% deutschen Qualitäts-/Ingenieurvorstellungen, aber auf dem Weltmarkt dürften vielen potentiellen Kunden auch 95-98% reichen), werde ich mich hüten, hier in D zu investieren. Lieber nehme ich die Handelsbilanzüberschüsse und investiere sie in sichere Sachen wie das neue Äquivalent zu Lehman-Anleihen bzw. griechische Staatsanleihen, da hab ich wenigstens minimal 6-7% Rendite. Ob das auf längere Zeit eine so gute Idee ist, wird sich ja wohl zeigen.
Das ganze Geschwafel von "Rahmen-/Investionsbedingungen in D" verbessern ist also ziemlich naiv, es sei denn, man rechnet direkte Beihilfen/Subventionen deutscher/europäischer Produkte (Eu-Agrarmarkt/EEG usw.) zu den sinnvollen Maßnahmen (durchaus diskussionswürdig, greife ich evtl später unten nochmal auf).
Machen wir uns also nichts vor, europäische Industrie-Arbeitsplätze, die hier abgebaut/nach Südostasien verlagert werden, sind permanent weg! Auch von dem Mythos/Popanz Vollbeschäftigung (wie auch immer definiert) können wir uns verabschieden. Wie gut der Versuch klappt, industrielle Arbeitsplätze durch den Dienstleistungssektor (am besten im Finanzbereich) zu ersetzen, kann man durch einfache Umfragen in USA/UK herausbekommen. so richtig Mut macht das auch nicht...(es sei denn man heisst Brüderle/Merkel/Asmussen/Ackermann)
Die naive Vorstellung, auf Dauer mit Volkswirtschaften ohne (minimale) Lohn- Arbeitsrecht- und Umweltstandards "konkurrieren" zu können , kann ja wohl nur durchgeknallten Mövenpick-Parteianhängern kommen, die sich ein chinesisches Lohnniveau flächendeckend in D wünschen (sozusagen Mindestlohn a la FDP).
Die chinesische merkantilistische Währungs-, Handels- und Industriepolitik (Bindung an den $) stellt auf absehbare Zeit sicher, dass sich an diesen Bedingungen auch nichts ändert. Hat schonmal jemand versucht, mit den Chinesen über die seit langem anstehende Aufwertung des Renmibi/Yuan zu diskutieren; viel Spass bei dem Versuch Herr Westerwave, damit lösen sie höchtens den nächsten Lachanfall über ihre Person aus.

Ich weiss nicht ob, das Gegeneinander-Ausspielen von Export/Handelsbilanzüberschüssen und die Frage der Binnennachfrage wirklich weiterführend ist.

Es ist ja schließlich zu vermuten, dass Angie/Schäuble&Co ja (eher unfreiwillig) schon an der "Lösung des Problems" arbeiten.

Nehmen wir einfach die Kochrezepte und bis jetzt bekannt gewordenen Zutaten:

Südeuropa/die PIIGS bekommen über die EU ein austerity/Brüning/Hoover-Sparprogramm verpasst. (Googeln nach den Stichworten reicht, wikipedia geht auch).
Alternativ kann man auf die "bewährten" Rezepte des IWF aus den 80/90-er Jahren zurückgreifen (Stichwort Lateinamerika- und Südost-Asien-Krise).
Siehe, genügend historische Beispiele/Baupläne für das Auslösen von richtigen Depressionen bzw. dem Zugrunde-Richten von Volkswirtschaften sind also bekannt.
Damit dürfte sich das Thema Exporte/Exportwachstum nach Südeuropa schonmal von selbst erledigen.

Danach folge man den Vorschlägen der "D-Mark, D-Mark über alles..."-Fetischisten (aus dem benachbarten SPON-Griechenland-Thread), steige aus dem € aus und rechne die Entwicklung einmal durch:

Die neue Deutsche Mark (NDM) hat dann gegenüber dem (dann) REST-€ einen Kurs von (geschätzt) 1 NDM zu 1,3 €, der Rest Europas wäre schlagartig "konkurrenzfähig".
Vielleicht werden Renault/Peugeot/FIAT/Seat usw. ja dann ganz populär hier...

Damit wäre dann das Problem Export-Überschüsse zur Rest-EU (minus PIGS s.o) abgehakt.

Gegenüber dem Dollar dürfte sich das ganze (ebenfalls geschätzt) zwischen 1,60 bis 2,00 $ pro NDM einpendeln.

Wenn man sich erinnert, wie die deutsche Exportindustrie schon bei einem Dollarkurs von knapp 1,50 aufgeschrieen hat, kann man sich selbst als Laie ausmalen, was diese geniale Massnahme anrichten würde. Erinnert sich jemand an die Diskussion, als Daimler Benz Werke in USA aufmachen und hier schliessen wollte (letzter Herbst)? Oder die Diskussionen, bei welchem $-Kurs Airbus noch "konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt" ist?
Eigentlich müsste die deutsche Export-Industrie den Griechen sogar dankbar sein, immerhin hat man es hinbekommen, den € in kurzer Zeit von ca. 1,50, auf 1,35 "abzusenken".

Bei einer (in $) 30-50% Preissteigerung dürfte auch Briten und Amerikanern der Spass an Premium-Segment-Panzern deutscher Herkunft(Cayenne, M5) u.ä. vergehen ( deutsche Hummer-Äquivalente mit - zugegeben - etwas besserem Fahrwerk und CW-Wert). Abgesehen von der Frage, dass diese 2 Staaten eh nur noch auf Kredit einkaufen gehen können.
Damit wären diese 2 Märkte handelsbilanztechnisch auch abgedeckt.

Ob sonstwo in die Welt bei dem dann gültigen Kurs zum $ noch irgendwas exportiert werden kann, darf auch bezweifelt werden. Wenn man natürlich FDP-Träumen von einer flächendeckenden Lohnsenkung um 50% in Deutschland nachhängt, um dann wieder konkurrenzfähig zu werden, hätte dieser Vorschlag natürlich ein gewisses Spass- bzw. eher Bürgerkriegs-Potential.

Die Diskussionen bei den dann fälligen Massen-Entlassungen und Betriebsverlagerungen ins Ausland können ebenfalls wohl nur Mövenpick-Parteianhänger witzig finden.

dann also:
Viel Spass beim Wirtschaftswachstum durch Exporte

Ich baue fest dadrauf, das schwarz-geld schon die schlechtestmögliche Lösung finden wird.

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