13. März 2010

CDS for Dummies

Vorbemerkung:

Der folgende Text entstand aus verschiedenen Forums-Diskussionen
und ich hab ihn dann etwas aufbereitet und erweitert:
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CDS mal einfach erläutert ( so dass auch "Mutti"/Schäuble es verstehen oder "CDS for Dummies" oder "Was unsere marktradikalen CDS-Fans hier gern verschweigen"):

Ich und noch 99 andere Forums-Teilnehmer/Leser schliessen (ohne sein Wissen und Zustimmung) Lebensversicherungen auf einen CDS-FAN und Feuerversicherungen auf seine Hütte ab.
Danach setzen wir uns gemütlich zusammen und diskutieren,
wie wir sein frühzeitiges sozialverträgliches Ableben und den warmen Abriss seiner Hütte organisieren und beschleunigen können (möglicht ohne strafrechtliche Konsequenzen für uns, Korrosion an Auto-Bremsleitungen,diskrete Auftragskiller?
Heimliches unbefugtes Sprit-/Heizöllagern im seinem Keller mit anschliessendem Basteln an der Elektrik dort).

Einfach genug?
Das Ansteigen seiner Lebensversicherungsprämie könnte ihn persönlich natürlich etwas überraschen.

Diese Form von CDS heisst "leer" oder "naked", d.h. wir haben eigentlich kein versicherbares Interesse (z.B. seine Hütte gehört uns nicht und verwandt mit ihm als typische Begünstigte für die Lebensversicherung sind wir auch nicht).

Privat macht sowas natürlich keine Versicherung mit, aber auf den Finanzmärkten ist ja offensichtlich (noch?) jeder Schwachsinn erlaubt.

Frage:

Zitat von [Name entfernt, um niemand blosszustellen]
...
Warum macht dann - bei diesem Moral Hazard - Ihr Vertragspartner (die Versicherungsgesellschaft) mit? Zu einem Geschäft gehören immer Zwei!
...


Antwort:
Wo ist das Problem?
Solange es genügend Dumme gibt ( bzw. Banken/Versicherer, die wissen, dass sie durch den Staat gerettet werden ) kann man offensichtlich jeden Schwachsinn versichern und die Prämien einkassieren.

Frage:
Zitat von [Name entfernt, um niemand blosszustellen]
...
Jeder der auf den Staatspleite von Griechenland per CDS "wettet" muss zunächst einmal einen Marktteilnehmer finden, der bereit ist im Falle einer Staatspleite zu zahlen. Im Ergebnis heißt das, dass es Markteilnehmer gab die bereit waren, CDS mit einem Nominalvolumen von EUR 84 Mrd. zu verkaufen.
Es muss immer genau so viele Spekulanten geben, die nicht von einer Pleite ausgehen,
wie die solche die von einer Pleite ausgehen. Ansonsten funktioniert der Markt nicht. ...
...


meine Antwort:
Warum sollten Firmen wie AIG/HRE/Landesbanken u.ä. (wissend , das es notfalls den nächsten Bailout/Bankenrettungsfond durch den Steuerzahler gibt) keine Kreditausfallversicherungen verkaufen?

Staatsbankrott Griechenland -> der Steuerzahler zahlts
kein Bankrott? -> dann kassiert man die Prämien ein (300-400 Basispunkte sind so schlecht nicht fürs Nichtstun)

Ergänzungen:
Glaubt irgendjemand, die USA lassen AIG tatsächlich noch den Bach runter gehen, nachdem man schon 182 MRD $ Rettungsgelder versenkt hat?
Glaubt irgendjemand, unsere Bundesregierung lässt die HRE tatsächlich noch den Bach runter gehen, nachdem man mehr als 100 MRD € Rettungsgelder verbraten hat?
Die Frage und die Zahlen nach der Commerzbank erspare ich mir für den Moment.
Abgesehen von der Frage, dass man als Staat inzwischen nicht unerheblicher Aktien-Miteigenümer bei AIG/CitiBank/HRE/Commerzbank ist und nebenbei natürlich die armen Rest-Aktionäre mitretten muss.

Auch andere "systemrelevante/Too-big-to-fail" Akteure (z.B. Allianz, Müchncher RE, Deutsche Bank(die wohl eher nicht, die zocken lieber auf der "anderen Seite"), Pensionsfonds) könnten in die Versuchung kommen, sowas zu verkaufen.
Im Notfall zahlt es ja der Steuerzahler.

Oder glaubt jemand ernsthaft, irgendeine Bundesregierung - Partei egal - könnte es sich leisten, diese Firmen tatsächlich pleite gehen lassen. Die dann wohl ziemlich handgreiflichen "Street"-Diskussionen mit Millionen Riester- und sonstwie Lebensversicherten würde ich gerne mal erleben (oder besser nicht?).

Schliesslich sind im Soffin(dt. Bankenrettungs-)-Fonds nicht ohne Grund noch etliche hundert MRD € als Reserve (480 MRD € insgesamt) drin und solange es bei Garantien bleibt, ist das ganze sogar nicht mal haushaltsrelevant (zumindest nicht kurzfristig).
Notfalls kann man ja immer noch nen Soffin-II-Schattenhaushalt auflegen.

Einmal Lehman/AIG pro Quartal wären tatsächlich interessante Zeiten.

Andere Varianten, mit "naked CDS" Kohle zu machen:
Die deutsche Bank kauft im Herbst 2009 CDS auf griechische Staatsanleihen (natürlich ohne selbst welche zu halten, deshalb ja "leer" oder "naked") günstig zu (gerundet) 120 Basispunkten (1,2 %) Versicherungsprämie ein.
Danach verbreitet man (zusammen mit anderen, Goldman Sachs und Co.,Rating-Agenturen und "Finanzexperten") genügend Panik und Gerüchte von einer Staatspleite Griechenlands.
Die tatsächlichen Inhaber der Staatsanleihen kaufen dann in Panik die CDS von der deutschen Bank (nettterweise zu einem Kurs von 400 Basispunkten, Kleinvieh macht schließlich auch Mist).
Zum Üben könnte man ja mal die Differenz mit 10 MRD € durchrechnen,
2,8% davon (400 minus 120 Basispunkte) davon würde ich auch mitnehmen :) .

Weitere nette Variante:
Zahlungen durch den Versicherer werden vertragsmäßig nicht nur bei der tatsächlichen Pleite fällig, sondern schon beim Eintreten von "Credit Events" ( z.B. schon beim Downgrade der Anleihen durch Rating-Agenturen) - genannt "collateral calls", beispielhaft jeweils 20-25% der Versicherungssumme pro Level z.B. eine Stufe runter von AAA+).
D.h. Kohle wird schon lange vor dem eigentlichen Bankrott fällig und die Versicherungsprämie hat sich also schon gelohnt.
Geschehen bei der AIG, die gingen nicht an einem einzigen Tag pleite, sondern verteilt über mehr als 10 Monate, Anlass u.a. : laufende Downgrades der versicherten AAA+ (hihi) subprime Hypotheken und Lehman.
Die CDS-Auszahlungen an Goldman Sachs, Deutsche Bank usw. haben sich in den 2009-er Bilanzen und den dann fälligen Bonuszahlungen ganz gut gemacht. 5 MRD € Jahresüberschuss(2009) bei der deutschen Bank könnte ich auch gut verbuchen, wenn ich in dem Jahr 12 MRD $ quasi leistungslos vom amerikanischen Steuerzahler
eingenommen habe.

Merke: Es gibt also viele nette unregulierte, intransparente, frei verhandelbare Varianten von CDS, um Steuerzahler abzuzocken.

Freie neoliberale Märkte a la FDP, weiter so....

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