29. September 2011

EU-Kommission kommt endlich in die Pötte, aber - too little, too late?

Ich traute ja fast meinen Augen nicht, als ich folgenden Artikel im Handelsblatt lesen durfte:

Die EU-Kommission ( genauer der Binnenmarktkommissar Michel Barnier) legt einen Entwurf zur Regulierung des Bankensektors vor, der sich so liest; als wär er den finstersten (Alp)träumen Oskar Lafontaines oder Sarah Wagenknechts entsprungen.

Er enthält fast(!) alles; was man sich an vernünftigen Ideen zur Regulierung/Abwicklung von Banken vorstellen kann, ein paar Zitate:
"Nie wieder sollen Banken Steuerzahler als Geiseln nehmen: Die EU-Kommission will Aktionäre und Gläubiger von Banken bei Finanzkrisen zur Kasse bitten."
"Aktionäre und Gläubiger müssten „einen angemessenen Anteil der Verluste“ tragen, wenn ein Geldinstitut in Schwierigkeiten gerate, heißt es in einem EU-Richtlinienentwurf zum "Krisenmanagement" der Banken, der dem Handelsblatt vorliegt. Im äußersten Fall kann das bedeuten, dass die Aktionäre enteignet werden.Die nationale Bankenaufsicht der EU-Staaten müsse das Recht bekommen, „Aktien abzuschreiben oder zu löschen“, heißt es in dem Entwurf, den EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier im November vorlegen will. Die Aufsichtsbehörden sollten auch befugt werden, einen Schuldenschnitt  zu Lasten der Gläubiger der jeweiligen Bank vorzunehmen. Der Vorstand einer von Pleite bedrohten Bank soll künftig nicht mehr Herr im eigenen Haus bleiben. Die nationale Bankenaufsicht müsse „das Topmanagement ersetzen“ und das Finanzinstitut grundlegend „restrukturieren“. Dabei könne die Bankenaufsicht neben dem Schuldenschnitt auch Teile der Bilanz in eine Brückenbank verlagern oder Geschäftsbereiche verkaufen. Eine Genehmigung der Aktionäre müsse die Behörde dafür nicht einholen."
WOW, alles Vorschläge die ich so unterschreiben könnte.

Die unschönen Aspekte dabei:
  • das alles wäre m.E. spätestens Ende 2009 fällig gewesen
  • die Umsetzung - wenn überhaupt - wird sehr lange dauern und es wird einiges an Rumgeheule geben ...
Was schade ist: Im Zusammenhang mit dem kommenden Griechenland-Default hätten sich diese Vorschläge schon als nützlich erweisen können 
(ich denke insb. an französische und italienische Banken, in DE gibt's ja nicht mehr soviel  relevante private Banken ausser DB und Commerzbank).

Fast schon witzigerweise tauchen dann diese Ideen in ähnlicher Form auch in der FAZ auf:



Am selben Tag dann noch der nächste Hammer ( Hämmerchen ?), wieder im HB/Handelsblatt:


Barroso (den ich eher für eine ziemliche Niete halte) stellt sich öffentlich hin und redet endlich mal Klartext.
Auch wenn man hier die Wirkung und die Umsetzungschancen eher skeptisch beurteilen mag, 
so liegt doch mal ein lesenswerter Vorschlag auf dem Tisch.
(ich überlege schon wie man London zur Zustimmung "überreden" könnte, *auf irische Banken schiel*evilgrin*)

Auf meiner Wunschliste für die Regulierung des Finanzsektors jetzt noch:
  • Ein paar klare Worte zur Aufsplittung von Banken in Geschäftsbanken(mit Einlagengarantien) und Investmentbanken ( no bailout, sollen sie zocken und verrecken...)
  • Regelung des Derivatemarktes ( CDS, OTC-Geschäfte ), transparente Clearingstellen und Veröffentlichungspflichten
Fast könnte man meinen, im deutschen Wirtschaftsjournalismus bricht der ungehemmte Sozialismus aus, sind das schon die Schirrmacher-Folgewirkungen?

Ein Dank an das Handelsblatt für die aktuelle und die gut lesbare Berichterstattung ( das ich mal sowas schreibe ;-))

2 Kommentare:

  1. Hey, Schirrmacher hatte nur einen anderen Text kommentiert - wie lange hält sich dieses doofe Gerücht denn noch? Lesen hilft: http://www.telegraph.co.uk/news/politics/8655106/Im-starting-to-think-that-the-Left-might-actually-be-right.html :)

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  2. moin Vera,
    ok, das mit Schirrmacher ist natürlich eine etwas verkürzte Darstellung, es ging mir auch eher da drum, das andere anfangen, über eher "linke" Forderungen zu schreiben. Den Telegraph-Artikel kenn ich natürlich, aber man kann ihn ruhig öfter verlinken, danke.

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